Es ist wieder Pfingsten vorbei. Also quasi „unsere“ Reisezeit. Vergangenes Jahr waren wir in Schottland. Dieses Jahr sollte es etwas wärmer werden. Ich selbst war bereits zwei Mal in der Toskana gewesen. Meine Erinnerungen daran sind so gut, dass ich immer davon geschwärmt habe und unbedingt wollte, dass auch Marisa einmal diese unglaubliche Landschaft und die vielen tollen, alten und voll mit Kultur gestopften Orte erlebt. Dabei war mir Siena ganz besonders in Erinnerung geblieben. An Florenz und Pisa hatte ich dagegen keine so guten Erinnerungen. Es galt also, einige Meinungen zu revidieren….
Der Plan, in die Toskana zu gehen entstand schon im Sommer 2016. Zunächst planten wir, mit den Flugzeug ab Basel nach Pisa zu fliegen, uns dort einen Mietwagen zu nehmen und von einem Hotel aus Ausflüge zu unternehmen. Im Frühjahr kauften wir uns beide unsere Elektro-Räder und schnell kam die Frage auf, ob wir die nicht auch gut in der Toskana benutzen könnten. Also entschieden wir uns, die Flüge zu stornieren und mit dem Auto inklusive den Rädern nach Italien zu fahren. Nun sind lange Autofahrten nicht gerade unsere liebste Beschäftigung. Deshalb planten wir zumindest für die Hinfahrt einen Zwischenstop am Comer See ein, einfach um entspannter im Urlaub an zu kommen. Gleich mal eines vorweg: Die Idee mit den Rädern war großartig. Wir haben sie tatsächlich viel benutzt und hatten so gar keine Probleme mit dem Transport, Diebstahl oder ähnlichem Ungemach.
Die Vorbereitungen
Natürlich bedarf es etwas mehr Vorbereitung, wenn man mit dem Auto und dem Rad in Urlaub fährt. Zunächst planten wir, den Heck-Fahrrad-Träger meines Vaters auszuleihen. Allerdings sind unsere Räder ziemlich schwer, so dass ich mich letztlich doch noch dazu entschied, einen eigenen, für Pedelcs geeigneten Träger zu kaufen. Ich wurde bei der Firma Altera fündig. Inzwischen sind wir regelrechte Experten im Beladen unseres Autos mit Fahrrädern geworden. Ein wichtiger Tipp für Italien: Es ist, wie übrigens auch in Spanien, Vorschrift, einen Fahrradträger mittels eines großes Metallschildes mit Warnstreifen nach hinten abzusichern. Gott sei Dank haben wir diesen Teil im Reiseführer nicht überlesen und uns noch so ein Schild besorgt. Die Strafen für Nichtbeachtung sind in Italien wohl sehr drastisch. Aber Achtung: In Italien und Spanien unterscheiden sich die Schilder wohl etwas in der DIN Norm. Also darauf achten, welches Schild man kauft!
Der erste Tag – Anfahrt nach Como
Wir fuhren sehr früh los, um möglichem Stau aus dem Weg zu gehen. Alles klappte perfekt und wir kamen bereits um 11 Uhr morgens in Como an. Unser süßes kleines Hotel stand uns schon zu Verfügung. Wir konnten sowohl das Auto als auch die Räder unterbringen und waren nach 5 Minuten Spaziergang in der Stadt am See. Leider war das Wetter etwas wackelig und es gab einen heftigen Gewittersturm. Das Schauspiel, wie auf den vielen Plätzen mit Straßen-Cafees im strömenden Regen die Wirte versuchten, ihre Schirme und Möbel zu retten, war allerdings durchaus sehenswert….. Como ist eine wirklich schöne kleine Stadt mit herrlicher Lage am unteren Ende des Comer Sees. Man findet schon italienisches Flair in den vielen kleinen Gassen und Straßen. Inklusive gutem Essen.
Weiterfahrt in die Toskana – Certaldo
Am nächsten Tag ging es gemütlich weiter in die Toskana. Die Fahrt an Mailand vorbei gestaltete sich tatsächlich anstrengender, als die Fahrt durch die Schweiz. Trotz der sehr strengen Auflagen bei Geschwindigkeitsüberscheitungen und anderen Vergehen, fahren die Leute in Italien recht offensiv. Vor allem die LKWs sind permanent am Überholen. Wenn man brav mit 120-130 km/h dahin fährt, wird man ständig von LKWs überholt. Aber wir kamen staufrei Richtung Süden und landeten in unserem Domizil für die nächsten 9 Tage. Das Hotel hatte ich zufällig im Internet gefunden. Alle Beschreibungen im Netz können aber der Lage und Aussicht nicht ansatzweise gerecht werden, die sich uns bot. Auf einem kleinen Hügel liegt das Hotel nur ca. 3 km vom Ort Certaldo entfernt. Dieses Städtchen teilt sich in die Altstadt und die Neustadt auf. Im historischen Teil findet sich Mittelalterflair pur. Zwar ist es etwas anstrengend auf den Hügel hoch zu kommen, auf dem die Altstadt liegt (es sei denn man nimmt die Seilbahn), aber dann lohnt ein kleiner Spaziergang durch die Gassen alle mal. Dazu noch ein Abendessen auf einer Terrasse über den Weinbergen mit Blick in die Toskana und der Urlaubsbeginn ist perfekt. Certaldo bietet übrigens im Juli immer ein Mittelalterfest, das sehr beeindruckend sein soll.
Volterra und San Gimignano
Unser erster Ausflug ging mit dem Auto durch die atemberaubende Hügellandschaft der Toskana ins nur ca. 30 km entfernte Volterra. Wie beinahe alles in dieser Gegend mit etwas Kultur-Hintergrund ist auch Volterra ziemlich touristisch „erschlossen“. Trotzdem lohnt es sich, das Städtchen anzusehen. Man fühlt sich (nach Bezahlung der teuren Parkgebühren und dem Aufstieg in die Altstadt) automatisch in eine Mittelalter-Kulisse versetzt. Nachdem wir Volterra erkundet hatten ging es weiter nach San Gimignano. Im Mittelalter und der Renaissance wetteiferten hier die Mächtigen durch Erbauung von Türmen. Von den ursprünglich 99 Türmen der Stadt sind nur noch 15 übrig. Trotzdem bietet sich wieder eine herrliche Kulisse. Allerdings zeigen sich hier noch mehr die Auswirkungen des Tourismus. Die Stadt ist sehr beliebt bei amerikanischen Busreisenden. Aber wenn man ein wenig dem Reiseführer vertraut, dann finden sich genug schöne, stille und idyllische Plätzchen um den Charme des Ortes zu genießen.
Siena – Mit Zug und Rad
Nachdem ich als Kind und Jugendlicher bereits in Siena gewesen bin, war für mich der Besuch dieser Stadt eines des Highlights im Urlaub. In meiner Erinnerung waren noch der Dom und vor allem aber der zentrale Platz am Rathaus gespeichert. Nachdem wir nun einige Tage mit dem Auto unterwegs gewesen waren, beschlossen wir, Siena mit dem Zug zu besuchen. Von Certaldo aus lässt sich dies im halbstündigen Takt gut machen. Um dem kleinen Abenteuer noch eines oben drauf zu setzen, nahmen wir die Räder mit. Zugfahren in Italien ist durchaus sehr entspannt und die Verbindungen mit unseren Regional-Express-Strecken zu vergleichen. Die Kosten sind auch durchaus überschaubar und die Züge sehr pünktlich. An den Fahrkartenautomaten lässt sich alles auf Deutsch erklären und lesen sowie kaufen. Die Fahrradmitnahme wird in vielen (aber nicht allen!) Regionalzügen unterstützt. Allerdings hatten wir nicht das Glück, moderne Niederflorwagen zu erwischen. Dadurch gestaltete sich das Ein-und Ausladen der Räder in den Zug etwas anstrengend, aber machbar. Der Schaffner half auch gerne mit und man hat immer wieder nette Gespräche über E-Bikes etc. In Siena nutzten wir die Räder dann hauptsächlich, um vom Bahnhof in die Altstadt zu kommen. Dort angekommen mussten wir aufgrund der Masse an Touristen die Räder meist schieben und stellten sie schließlich am Rand der Altstadt ab. Siena selbst empfand ich heute etwas ernüchternd. Wahrscheinlich hatte ich es in meiner Erinnerung etwas verklärt. Es ist nach wie vor eine wunderschöne Altstadt und der Dom ist umwerfend. Aber der Tourismus ist doch sehr präsent und man findet kaum eine ruhige Stelle zwischen den vielen Boutiquen und Shops. Trotzdem sollte man sich Siena nicht entgehen lassen.
Die Radtour
So, nun hatten wir ein wenig genug von Kultur und wuselnden Touristenmassen. Also planten wir eine Radtour durch die Umgebung. Auf unseren bisherigen Ausflügen hatten wir bereits festgestellt, dass die Straßen teilweise ganz schöne Steigungen aufweisen und es in diesem Teil der Toskana so gut wie keine flachen Gebiete gibt. Im Hotel fanden wir einen Flyer eines Anbieters für Radtouren mit dem E-Bike. Auf dessen Webseite fanden sich tolle Tourvorschläge. Wir suchten uns eine Rundtour entlang von 8 Burgen aus. es lässt sich kurz machen: Umwerfend, toll, mega, atemberaubend schön. Ohne E-Bikes wäre es für uns allerdings absolut nicht machbar gewesen. Aber mit unseren Pedelecs einfach nur perfekt. Wirklich viele Steigungen, die sich auch mal ganz schön ziehen können. Aber trotz unseres schlechten Trainingsstandes gut zu schaffen mit Antrieb. Man erlebt auf dem Rad eine Landschaft ganz anders. Entschleunigt, man nimmt die Gerüche war usw. Diese Tour war eines der Highlights unseres Urlaubs. Allein hierfür hatte sich der Aufwand mit den Rädern gelohnt.
Lucca und Pisa
Nun waren wir von unseren Rädern natürlich angefixt. Also planten wir auch den nächsten Ausflug mit Auto und Rädern. Nach Lucca und Pisa ist es von Certaldo aus eine gute Stunde Autofahrt. Ein wenig am Stadtrand von Lucca gibt es einen kostenlosen Parkplatz (übrigens mit seeehr sauberer Toilettenanlage). Von hier aus radelten wir in die Stadt und tauchten ein in faszinierende Gassen mit Kirchen und Plätzen und dem vollen italienischen Leben. Lucca wurde umgehend zum Highlight unserers Urlaubs. Dazu kommt, dass Lucca noch seine alte Stadtmauer besitzt. Diese wurde schon im Mittelalter so massiv und breit erbaut, dass eine Allee auf ihr Platz findet. Auf dieser 4 km Rundstrecke kann man perfekt mit dem Rad fahren und die Stadt von oben erleben. Lucca sollte aus unserer Sicht unbedingt auf jeder Toskana Tour besucht werden und wer die Möglichkeit hat, es mit dem Rad zu machen, muss dies unbedingt tun oder sich vor Ort welche ausleihen! Nach Lucca konnte eigentlich nicht mehr viel besseres kommen. Trotzdem fuhren wir weiter nach Pisa. Auch hier etwas außerhalb geparkt und ab mit dem Rad in die Stadt. Natürlich strebten wir direkt zur „Wunderwiese“, also dem Platz, auf dem der Dom und der berühmte schiefe Turm stehen. Was wir dort vorfanden erschlug uns fast. Ja, der Dom, die Taufkirche und der Turm sind toll. ABER die Touristenmassen sind einfach nur ekelhaft. Tausende (!!!!) von Menschen werden an diesem Platz ausgekippt und ALLE meinen, ein Selfi mit dem Turm machen zu müssen. Ist es eigentlich unbedingt notwendig, von jedem tollen Ort der Welt ein Bild mit sich selbst darauf zu machen??? Selbst wenn ich David Beckham wäre, wollte ich auf meinen Urlaubsbildern nicht permanent meine eigene Visage haben. Aber nun gut, ich schweife ab….. Wir haderten mit uns, ob wir überhaupt unsere Kameras auspacken sollten. Aber schließlich schossen wir jeweils ein Erinnerungsbild (OHNE UNS DARAUF) und verschwanden wieder in der Stadt. Nur 500 m von der Wunderwiese entfernt ist Pisa beinahe touristenfrei. Eine etwas verwinkelte, nette Studentenstadt, die jetzt nicht unbedingt besucht werden muss, aber durchaus nett zum anschauen ist. Es gibt sehr leckeres Eis, kleine Parks, viele Straßencafes, Flohmarkt, Konzertbühnen usw.
Florenz
Sicherlich könnte man alleine in Florenz mehrere Tage zubringen. Diese Stadt ist voll mit Kultur, Historie und Leben. In meiner Erinnerung war Florenz allerdings immer nur laut und dreckig und hektisch gespeichert. Dieses Bild konnte ich erfreulicherweise bei unserer Reise revidieren. Florenz ist natürlich auch wieder fürchterlich voll mit Touristen. Aber es lassen sich viele, wunderschöne Flecken finden, an denen nicht so viel Getümmel ist. Wir haben uns einen ganz gemütlichen Tag in Florenz gegönnte. Bei 35° Außentemperatur konnte man sich allerdings auch nicht sehr schnell bewegen. 🙂 Wir fuhren wieder mit dem Zug nach Florenz rein, nahmen aber keine Räder mit. Eigentlich schade, denn man könnte sicher noch sehr viel mehr von Florenz sehen mit dem Rad. Von Certaldo aus dauert die Zugfahrt gerade mal 45 Minuten und man muss keinen Parkplatz suchen etc. Der Bahnhof liegt quasi mitten drin. Innerhalb von 10 Minuten ist man am Dom oder der berühmten Ponte Vecchio. Man hat in Florenz viel getan zur Verkehrsberuhigung, was der Stadt eindeutig gut tut. Außerdem fahren sehr viele E-Autos rum. Sogar die Carbinierie sind mit Renault Zoes unterwegs. Viele E-Taxis usw. Ansonsten erschlägt einen Florenz schier mit seiner Kultur und Historie. Wir waren ganz bewusst nirgendwo drin. In keinem Museum oder keinem Dom. Dort stand man 3 Stunden an, um dann aktuell wohl viele Gerüste zu sehen zu bekommen, da gerade restauriert wird (Stand Juni 2017). Trotzdem hat uns Florenz wirklich gefallen. Und meine schlechten Erinnerungen wurden gelöscht. 🙂 Jederzeit eine Reise wert ist diese Stadt auf jeden Fall!!
Fazit
Die Toskana ist traumhaft. Und wir haben nur einen kleinen Teil davon gesehen. Wir waren nicht an der Küste (Pisa liegt allerdings nur 10 km vom Meer entfernt) und nicht in den berühmten Mamorsteinbrüchen. Auch weiter im Süden gibt es noch einiges zu sehen. Aber trotzdem hat uns diese Italienische Provinz unglaublich gut gefallen. Die Landschaft ist unglaublich schön und es tut unendlich gut, einfach nur auf die vielen geschwungenen Linien zu schauen, die Zypressen-Alleen am Horizont zu betrachten und den Duft von Rosmarin und Jasmin zu genießen Dazu kommen diese wunderschönen, historischen Orte. Und über das Essen braucht man in Italien ja nicht wirklich zu reden. An jeder Ecke gibt es gutes Essen. Selbst ein Panini auf die Hand ist immer frisch und schmackhaft. Wenn man sich Zeit zum Genießen nimmt, bekommt man Pasta, frischestes Gemüse und tolle, rustikale Gerichte präsentiert.
P.S.: Ich werde im weiteren Verlauf hier noch eine Bildergalerie anfügen. Allerdings muss ich dazu noch ein wenig Zeit in die Bildbearbeitung stecken. Also einfach wieder vorbei schauen….